Das Wort zum Sonntag an alle Theologen

Dorothea LoosliAllgemein, Menschenrechte, Migration

Dieser Beitrag kann zu Recht als vermessen betrachtet werden – egal, er entspringt meiner Gewissenshaltung. Liebe Pfarrerinnen und Pfarrer, Theologen und Theologinnen und Studienkolleginnen und -kollegen, welcher Autorität fühlen wir uns letztendlich eigentlich verpflichtet, welche Werte leiten wir davon ab?
Ich frage dies vor dem Hintergrund der Engpässe für Flüchtlingsunterkünfte. Wie manche Kirche/kirchlichen Räume stehen grösstenteils leer und würden sich anbieten, vorübergehend Flüchtlingen ein Dach über dem Kopf zu offerieren?
Ja stimmt, die Situation der Sanitäranlagen ist nicht ideal, die Räumlichkeiten nicht dafür gedacht, die Kirchgemeinde könnte sich gestört fühlen, der Kirchgemeinderat geht mehrheitlich politisch mit der bürgerlichen Haltung einig, dass es reicht. Letztendlich alles Ausreden um nichts tun zu müssen!
Aber stimmt das für uns Theologen und Theologinnen? Ich kann mich an kein Buch erinnern, in dem mehr Flüchtlingsgeschichten stehen als in der Bibel. Lauter Geschichten von Leuten, die ihre Heimat verlassen oder verlassen müssen, um ihr Überleben zu sichern. Die Rede ist von Hungersnöten, von politischer Verfolgung, die die Menschen zwingen zu gehen um hoffentlich in der Fremde überleben zu können. Die Bibel ist ein Flüchtlingsbuch!
Nebenbei bemerkt liebt unser biblischer Schöpfer alle Menschen unterschiedslos, ganz gleich welcher Konfession sie angehören. Ich kann auch nirgends finden, dass er bestimmte Glaubenssätze erwartet, sondern vor allem Barmherzigkeit.
Liebe Alle, ich frage euch an: Ist es richtig, dass wir dies nicht konsequent vertreten? Dass wir auf andere Haltungen so viel Rücksicht nehmen – als offizielle Vertretende unseres Glaubens? Dass tüsselet wird um niemanden zu vergrämen, zu schweigen um der Auseinandersetzung auszuweichen? Wem sind offiziell gewählte Pfarrer und Pfarrerinnen verpflichtet?
Müsste nicht jeder Pfarrer und jede Pfarrerin mutig hinstehen und sich dem biblischen Auftrag verpflichtet fühlen, unbesehen wer was dagegen sagt und schnaubt? Im Sinne von «Hier stehe ich und kann nicht anders».
Würden alle am gleichen Strick ziehen und gemeinsam furchtlos dafür kämpfen, käme einerseits eine mutige glaubwürdige Kirche zum Vorschein und anderseits hätte die Theologenschaft – wenn sie wirklich zusammenstünde – nichts zu befürchten.
Wer die Meinung vertritt, dass das «Boot voll» ist, dem sollte es selbstverständlich sein, dass die Menschen die nun da sind, trotz dem Dichtegefühl ein Dach über dem Kopf benötigen, egal welche politische Haltung er/sie vertritt.
Wer der Meinung ist, dass es sich um lauter «Schurken» handelt, sollte sich vor Augen halten, dass Flüchtlinge gewöhnliche Menschen sind, sympathisch oder weniger, hilfsbereit oder anspruchsvoll, arrogant oder liebenswürdig, unkompliziert oder kriminell.
Liebe Berufskollegen und -kolleginnen, lasst uns gemeinsam die opportunistische Konformität ablegen und furchtlos für die Glaubwürdigkeit unseres Berufsauftrages einstehen!